Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Und weil das so ist, steht es jedem Arbeitnehmer frei, seine Meinung über (ehemalige) Arbeitgeber in aller Öffentlichkeit zu äußern. Selbstverständlich unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Rezensierten, Beleidigungen, Drohungen und Verleumdungen sind also außen vor. Auch Firmeninterna und andere geschützte Daten dürfen nicht preisgegeben werden. Wer diese Grenzen nicht überschreitet, darf kräftig vom Leder ziehen.
Davon machen viele Arbeitnehmer auch Gebrauch. Als Ventil bieten sich Bewertungsportale wie kununu und meinchef.de an, auf denen Arbeitgeber wie Produkte rezensiert werden. Nachteil für Unternehmen: Naturgemäß ist der Mitteilungsdrang stärker, wenn man wütend oder frustriert ist. Positiverfahrungen werden dagegen eher als selbstverständlich empfunden und nicht weiter thematisiert. Daraus kann eine Verzerrung resultieren. Die Portale deshalb links liegen zu lassen ist allerdings keine Option, dazu sind ihre Reichweite und ihr Einfluss mittlerweile zu groß. kununu als Platzhirsch verzeichnet nach Eigenangaben monatlich knapp fünf Millionen Besucher. Wer qualifizierte Arbeitskräfte für sich interessieren und begeistern möchte, sollte dort gut performen.
Die Portale bieten nicht nur die Option, die Arbeitgeberqualitäten auf einer Fünf-Sterne- bzw. Fünf-Punkte-Skala zu bewerten. Zudem können die registrierten User angeben, was sie im Einzelnen gut oder schlecht finden, und verschiedene Aspekte wie Arbeitsatmosphäre, Kollegenzusammenhalt, Kommunikation, Work-Life-Balance oder Vorgesetztenverhalten beurteilen. Außerdem können sie ihr Gehalt mitteilen und mit anderen vergleichen.
Dieser fast totalen Transparenz stehen allerdings auch einige Rechte der Bewerteten gegenüber. So können Sie rechtswidrige Inhalte und Bewertungen löschen lassen, die insbesondere in den folgenden fünf Fällen eindeutig vorliegen:
1. Es werden objektiv Unwahrheiten verbreitet.
2. Die bewertende Person hat gar nicht im bewerteten Unternehmen gearbeitet.
3. Es werden Firmeninterna verraten.
4. Kollegen werden mit Klarnamen benannt.
5. Die Aussagen sind strafrechtlich relevant (Beleidigungen, Drohungen etc.).
Insbesondere Punkt 2 gibt häufig Anlass zu Rechtsstreitigkeiten. Zuletzt stärkte das OLG Hamburg Arbeitgebern Anfang 2024 den Rücken, indem es kununu zwang, anonyme Negativbewertungen zu löschen. Die Plattform hatte den Klarnamen des Bewerters nicht nennen und damit nicht belegen können, dass er einen tatsächlichen Geschäftskontakt mit dem bewerteten Unternehmen hatte.
Darüber hinaus können Sie alle Ihr Unternehmen betreffenden Bewertungen kommentieren – eine Option, von der nur wenige Firmen Gebrauch machen. Und wenn, dann oftmals mit Standardfloskeln. Oder, noch schlimmer: mit schnippischem Zurücktreten. Es muss nicht erwähnt werden, dass das kein souveränes Bild abgibt.
Elementar für ein gutes Rating auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen ist zunächst, dass man dieses Feld aktiv bespielt. Die Pflege der Profile auf den einschlägigen Portalen sollte als HR-Daueraufgabe begriffen werden. Gehen Sie das Ganze am besten strategisch an und definieren Sie einen Standardprozess für den Umgang mit Negativbewertungen, der die folgenden Vorgaben festlegt:
· Wer kontrolliert wie häufig, ob es neue Bewertungen gibt?
· Welche Plattformen werden beobachtet?
· Wer entscheidet jeweils, ob eine Reaktion der Firma fällig ist?
· Was passiert, wenn der Verfasser anonym oder unbekannt ist?
· Was passiert, wenn der Verfasser bekannt und legitimiert ist, der Inhalt aber rechtswidrig sein könnte?
· Falls Aussicht auf Löschung besteht: Wer veranlasst sie auf welchem Weg?
· Falls keine Aussicht auf Löschung besteht: Wer klärt, ob und wie der verstimmte Ex-Mitarbeiter kontaktiert und von einer Rücknahme seiner Bewertung überzeugt werden kann?
· Falls keine Aussicht auf Rücknahme besteht: Wer verfasst eine Entgegnung?
· Welche Inhalte können und sollten in einer Entgegnung vorkommen?
· Welche Kontaktperson wird in einer Einladung zum Austausch (im Rahmen der Entgegnung) aufgeführt?
Grundsätzlich empfiehlt sich ein wertschätzender Ton in einer Entgegnung, bleiben Sie sachlich, danken Sie für das offene und ehrliche Feedback. Bedenken Sie immer, dass jeder zukünftige Bewerber sich auch aus diesen Zeilen ein Bild von Ihnen macht.
Als Arbeitgeber können Sie nicht nur (begrenzt) Einfluss auf die Negativbewertungen nehmen, auch ins Positive können Sie wirken. Damit ist nicht gemeint, dass Sie Fake-Accounts anlegen und sich selbst durch die Bank fünf Sterne geben sollten. Das wäre nicht nur unredlich, sondern auch illegal. Durchaus legitim ist es jedoch, Ihre zufriedenen Mitarbeiter zu einer Positivbewertung zu animieren. Unterm Strich kann das einzelne Negativvoten zu Randnotizen machen. Gegebenenfalls spendieren Sie im Gegenzug mal eine Flasche Sekt oder ein Fässchen Bier zum Feierabend.
Ein vorzeigbares Profil können Sie dann auch gleich zum Recruiting nutzen. Denn offene Stellen lassen sich dort gut sichtbar ausschreiben, sodass Sie Ihr gutes Rating in noch mehr Bewerber ummünzen können.